Auf der Spur der Menschen ...

Die Geschichte von Aluru ist in sechs Episoden unterteilt, wobei jede von ihnen einen Reiseabschnitt widerspiegelt. Dazu kommen eine Einleitung mit den Hintergrundinformationen zu dem wissenschaftlichen Projekt, welches dieser Publikation vorausging, sowie abschließend Literaturhinweise, Kartengrundlagen und Bildhinweise. Gleich zu Beginn erhalten die Lesenden wichtige Vorabinformationen, unter anderem zum Klima in der Region während der Altsteinzeit, aber auch zu der dort lebenden Bevölkerung. Aus Angst vor den Folgen einer Dürreperiode, aber auch aus Neugierde begeben sich Aluru und eine kleine Auswahl weiterer Stammesangehöriger auf eine spannende und riskante Tour gen Osten. Dabei werden auch Probleme wie Klimaschwankungen, unterschiedliche Vegetationen und Tierwelt, aber auch Jagdtechniken und Gefahren, die im fremden Terrain lauern, durchleuchtet. Immer wieder gibt die Autor*innengruppe Hintergrundinformationen zu den einzelnen Regionen, die die Gemeinschaft um Aluru gerade passiert und liefert dabei auch Antworten auf Fragen, wie beispielsweise die Menschen der damaligen Zeit überhaupt in der Lage gewesen waren, den Kontinent zu verlassen und welche Routen sie möglicherweise genutzt haben könnten. Auf ihrer langen und beschwerlichen Reise treffen sie auf fremde Stämme, die ihnen das eine Mal freundlich-offen und hilfsbereit, ein anderes Mal abweisend bis feindlich gegenüber eingestellt sind. In diesem Zusammenhang erfahren wir auch mehr über die Abhängigkeiten zwischen einzelnen Gruppen und mögliche frühe Religionen und Kulte. Und wie war das eigentlich mit der Verständigung und etwaigen Sprachbarrieren? Am Ende bringen Aluru und ihre Freund*innen nicht nur Geschichten voller Abenteuer und Erlebtem mit, sondern auch Informatives über das Wissen und die Bräuche anderer Stämme, die sie an die kommenden Generationen ihres eigenen Stammes weitergeben werden.

Bei dem Werk Auf der Spur der Menschen vor 80.000 Jahren handelt es sich um eine kommentierte Graphic Novel. Jede Zeichnung wird begleitet durch wissenschaftlich fundierte Angaben zu dem Abgebildeten. Dabei erfahren wir, was die Wissenschaft bereits in Erfahrung bringen konnte, welche Hypothesen nur angenommen werden und zu welchen Aspekten es noch keine Erkenntnisse gibt. Mit ihrer Publikation begeben sich von Reumont und seine Mitstreiter*innen in Deutschland auf neuen Boden. Die prähistorischen Szenen werden im Comic Style präsentiert und sind mit Sprechblasen versehen. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden so auch für jüngere Leser*innen interessant, erlebbar und verständlich. Dabei weist  Auf der Spur der Menschen vor 80.000 Jahren in seiner Gestaltung Ähnlichkeiten zu den Arbeiten des grönländischen Künstlers Nuka Godtfredsen auf, der in seiner vierbändigen Graphic Novel Oqaluttuat (2006–2018) in ähnlichem Stil den Lesenden die Geschichte seines Landes vermittelt. Godtfredsens Werk, welches in Zusammenarbeit mit Archäolog*innen des Dänischen Nationalmuseums entstanden ist, gewährt Einblicke in die grönländische Geschichte ab der Zeit der ersten Menschen, die vor 4.500 Jahren die Insel besiedelten, bis zur Zeit der ersten Missionare und Kolonisten. Auch Godtfredsen kombiniert comicähnliche Darstellungen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen, reichert diese jedoch zusätzlich mit Mythen und Sagen der Inuit an, während sich die hier vorliegende Publikation rein auf das archäologische Wissen stützt.

Auch wenn es auf den ersten Blick befremdlich erscheinen mag, funktionieren Archäologie und Comic – zumindest in der hier vorliegenden Publikation – sehr gut. Die Infotafeln wie auch Bilder sind minimalistisch und auf das Wesentliche beschränkt. Auf unwichtige, möglicherweise sogar ablenkende Details wurde insbesondere bei den Zeichnungen verzichtet. Die gesamte Gestaltung ist ansprechend und einheitlich: die archäologischen Informationen befinden sich stets auf der linken, die Abbildungen auf der rechten Seite, wobei die Abschnitte nie überladen wirken. Auch aufgrund der Art und Weise des Buchaufbaus kann jede*r seinen eigenen Lesestil finden. Während viele wissenschaftlichen Arbeiten eher auf ein Publikum mit Vorkenntnissen abzielen, ist Auf der Spur der Menschen vor 80.000 Jahren problemlos von Interessierten ohne akademischen Background lesbar und zu verstehen. Insbesondere auch jüngere Leser*innen werden durch die bildhaften Informationen angesprochen und so ihr Interesse für die Vorgeschichte der Menschen geweckt.

Auf der Spur der Menschen vor 80.000 Jahren ist eine lohnens- und lesenswerte literarische Erfahrung – nicht nur für Laien. Auch angehende Archäolog*innen und Prähistoriker*innen werden an diesem Buch ihre Freude haben. Es „liefert“ auf charmante und zugleich verständliche Art und Weise die wichtigsten Informationen zu den Wanderungsbewegungen der Menschen auf dem afrikanischen Kontinent in der Altsteinzeit und dient zugleich als Einstieg in ein komplexes Thema. Das Buch ist im praktischen DIN A4-Format mit Hardcover erschienen, Schriftart und -größe passen zur Gesamtgestaltung. Alles in allem ist dieses Buch eine originelle und informative Idee zur Wissensvermittlung und allen Leser*innen ab 14 Jahren zu empfehlen.